Ein Autofahrer wird nach dem Abbiegen langsamer und will wenden. Doch in diesem Moment kommt es zu einem Unfall mit dem nachfolgenden Auto, das zum Überholen angesetzt hatte. Wer zahlt den Schaden?

Im vorliegenden Fall ging es um zwei Autos, die hintereinander abgebogen waren. Auf der neuen Straße war der Blinker des Voraus­fahrenden noch eingeschaltet, als er sein Tempo stark drosselte. Der Hintermann begann daraufhin ein Überholm­anöver, das aber in einem Unfall endete. Denn im gleichen Augenblick setzte der Vordermann dazu an, über die hinter einer Verkehrs­insel liegende schraffierte Fläche zu wenden. Er war der Ansicht, dass sein Hintermann in einer unklaren Verkehrs­lage überholt habe. Dessen Versicherung weigerte sich jedoch zu zahlen. Ihrer Ansicht nach war das plötzliche Wende­manöver über die schraffierte Fahrbahn­fläche hinweg grob verkehrs­widrig.

Vor Gericht bekam die Versicherung Recht. Das Wenden sei ein besonders gefährlicher Vorgang, der äußerste Sorgfalt nötig mache, befand das OLG. Im konkreten Fall kam es zwar gar nicht mehr zum Wenden, da es vorher bereits krachte, doch der Kläger hatte bereits zu dem Wende­manöver angesetzt – und zwar an einer Stelle, an der es verboten war. Da er den rückwärtigen Verkehr nicht bemerkt hatte, hatte er zudem offen­sichtlich gegen die Rückschau­pflicht verstoßen. Ein erhebliches Mit­verschulden des Hintermanns konnten die Richter nicht feststellen, es sei keine unklare Verkehrs­lage gegeben gewesen. Der Voraus­fahrende war rechts gefahren und hatte das Tempo stark gedrosselt. Eine Absicht zu wenden sei nicht zu erkennen gewesen – auch nicht durch den seit dem Abbiegen links gesetzten Blinker.

(Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 08.06.2020, Az. 12 U 18/20)