Wussten Sie, dass in vielen europäischen Ländern das vertretene Unternehmen einen Handelsvertreter sehr wohl vertraglich dazu verpflichten kann, Musterware des Unternehmens zu kaufen? Diese und viele andere spannende Erkenntnisse sind das Ergebnis des Legal Working Group (LWG) Treffens, das am 19.11.2018 auf Einladung des spanisch-katalanischen Handelsvertreterverbandes El Collegi Oficial d’Agents Comercials de (COACB) in Zusammenarbeit mit der Rechtsanwaltskanzlei Larrumbe/Serrano/Ferran in Barcelona stattfand.
Folgende Länder waren vertreten: Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden, Spanien und Deutschland.
Einen Schwerpunkt der Sitzung bildete die Frage, ob das vertretene Unternehmen „seinen“ Handelsvertreter vertraglich zum Kauf von Musterware verpflichten kann. Solche Klauseln, die den Handelsvertreter vorab oder nach Saisonende zum Kauf der Musterware verpflichten, sind in den oben genannten Ländern – insbesondere in der Modebranche – üblich und wirksam. Lediglich in Schweden und Norwegen haben solche Klauseln, ebenso wie in Deutschland, keinen Bestand. Denn nach deutschem Recht darf der Unternehmer den Handelsvertreter gerade nicht zu einem solchen Kauf verpflichten. Da der Unternehmer den Handelsvertreter gemäß § 86 a Absatz 1 HGB die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen [unentgeltlich] zur Verfügung stellen muss, kann er den Handelsvertreter nicht zum Kauf der Musterkollektion verpflichten, jedenfalls wenn diese für die Handelsvertretertätigkeit erforderlich ist, was in der Regel der Fall sein wird.
Natürlich durfte ein deutscher Beitrag nicht fehlen. Auf Wunsch wurden die europäischen Kollegen über die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach deutschem Recht, insbesondere über die Abzinsung des Rohausgleichs informiert. Eine Abzinsung des (Roh-)Ausgleichsanspruchs, die der sofortigen Einmalzahlung anstelle laufender Provisionszahlungen Rechnung tragen soll, ist allen Delegierten der LWG unbekannt. Auch die Niederländer, die die Rohausgleichsberechnung zwischenzeitlich ebenfalls implementiert haben, kennen eine solche Abzinsung nicht.
Des Weiteren diskutierten die Delegierten über den Provisionsanspruch des Handelsvertreters im Falle der Nichtausführung des Geschäfts durch den Kunden oder den Hersteller sowie über das relativ neue belgische Handelsvertretergesetz aus dem Jahr 2013 und sein Artikel 25, wonach vorbehaltlich der Anwendung internationaler Vereinbarungen, bei denen Belgien Partei ist, jede Tätigkeit eines Handelsvertreters mit Hauptniederlassung in Belgien dem belgischen Gesetz unterliegt und zum Zuständigkeitsbereich der belgischen Gerichte gehört.
Das nächste Legal Working Group Treffen findet am 15. oder am 22.3.2019 im französischen Lyon statt.