Der Unternehmer ist hinsichtlich der Höhe des Ausgleichsanspruchs an seine erste Abrechnung gebunden, wenn die fehlerhafte Berechnung auf ein Unternehmensinternum zurückzuführen ist, welches für den betroffenen Handelsvertreter nicht erkennbar gewesen ist.

Urteil des LG Hamburg 22. Zivilkammer vom 12.03.2019 – Aktz. 322 O 34/19

Die Richter gaben der Handelsvertreterin Recht, die einen Anspruch aus § 89b HGB in Höhe des Betrages aus der ersten Abrechnung der Beklagten eingeklagt hatte. Die Beklagte sei hinsichtlich der Höhe des Anspruchs an ihre erste Abrechnung gebunden.

Zwar ergebe sich diese Bindung nicht unmittelbar aus der zu Prognosefehlern ergangenen Rechtsprechung, da es vorliegend nicht um eine Prognose oder Ähnlichem (z.B. Schätzung) gehe, sondern um von beiden Parteien im Zeitpunkt der Berechnung nicht erkannten damaligen Tatumständen. Jedoch bestehe auch bei Prognosefehlern eine Bindung an die erste Berechnung auch dann, wenn der Prognosefehler auf Zugrundelegung falscher Tatsachen beruhe, denn die in die Prognose einzustellenden Umstände müssten ihrer Anlage nach bereits bei Vertragsende existieren. Maßgebend sei deshalb die Erkennbarkeit.

Dies zeige auch die Ausgleichsanspruch-Rechtsprechung zu Betriebseinstellungen nach Vertragsende. Ihr zufolge habe eine nachträgliche Betriebseinstellung eine Auswirkung auf den Anspruch nur, wenn sie bei Vertragsende absehbar gewesen sei; eine lediglich unternehmensinterne Beratung, die nach außen geheim bleibe, reiche nicht.

Zwar seien vorliegend den Parteien im Zeitpunkt der Berechnung sowohl die Berechnungsmaßstäbe, als auch die Berechnungsformeln, als auch die in die Formel einzusetzenden Beträge bekannt gewesen. Die sodann vorzunehmende Berechnung sei jedoch derart kompliziert, dass dafür ein Software-Programm erforderlich gewesen sei, und eine persönliche Nachrechnung durch die Parteien unterbleiben konnte. Dass dieses Software-Programm fehlerhaft gewesen sei oder fehlerhaft bedient worden sei, sei ein Unternehmensinternum der Beklagten im obigen Sinne, welches für die Klägerin erst recht nicht erkennbar gewesen sei.

Sinn der Ausschlussfrist nach § 89b Abs. 4 Satz 2 HGB sei eine möglichst rasche Klärung, um Rechtsfrieden bald nach Vertragsende eintreten zu lassen, eine vollständige mathematische Gerechtigkeit sei nicht erforderlich.

Selbst wenn die erste Abrechnung für die Beklagte nicht schon kraft Aufstellung durch die Beklagte bindend gewesen wäre, so sei sie es jedoch jedenfalls dadurch geworden, dass die Klägerin diese Abrechnung akzeptiert habe. Dadurch hätten die Parteien sich konkludent auf das Ergebnis dieser Abrechnung geeinigt.

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